Unterwegs entdecke ich gerne Cafés; am liebsten diejenigen, die ein wenig aus der Zeit gefallen wirken: Charmante Orte, die ebenso zum Innehalten und Verweilen einladen wie zum Plaudern mit Menschen am Nachbartisch. Plätze, die zu Beobachtung, zum Lesen oder Schreiben inspirieren. Und immer wieder erinnern mich solche Cafés an ein wunderbares kleines Geschäft in Mainz, das es schon seit Jahren nicht mehr gibt. An seine hölzerne Eingangstür mit Glasscheiben und blank gegriffenen Messingbeschlägen, die sich knarrend in die duftende Dämmerung öffnete. An die altmodische Türglocke, den Geruch nach Schokolade, ein wenig Karamel und Kaffee. An dunkles Holz an den Wänden und auf dem Boden, einen Tresen mit Glasplatte, darunter kleine Schirmchen aus Schokolade, Pralinen, handgemachte Bonbons in buntem Papier und Stanniol. Große Glaszylinder mit auf Hochglanz polierten Messingdeckeln, gefüllt mit dunklen, samtig schimmernden Kaffeebohnen, mit Schildern daran: Kenia-Perle, Afrika-Mischung, noch einige Namen, an die ich mich schon nicht mehr erinnere. Sorgfältig von Hand geschrieben auf kleine, zurechtgeschnittene Pappstücke, die an Bändern aus feiner, blauweißer Schnur um den Griff der Glasbehälter befestigt waren.
Schlurfenden Schritts kam der Inhaber, ein zierlicher älterer Herr, aus dem hinteren Teil des Ladens in den dämmerigen Raum, fragte die Kunden nach ihren Wünschen. Manche Besucher bat er mit sich in die hinteren Räume, setzte sich dort wieder ans Sortieren der Kaffeebohnen. Ein vergilbtes Leinentuch, über zwei Walzen mit einer gußeisernen Kurbel gespannt, huschende, knotige Altherrenhände, die emsig die noch ungerösteten, hellen Bohnen sortierten. Nebenbei erzählte der kleine Herr mit leiser Stimme Geschichten über die Geheimnisse des Kaffees. Anekdoten amouröser Verflechtungen der Historie, Abenteuer des Kaffeeanbaus in fernen Ländern, über die Feinheiten der Kaffeezubereitung. Dass in Frankreich anders, länger geröstet werde als hierzulande. Eine Handvoll Zucker, (mehr …)